Interpretation und Unterschiede der Milchinhaltsstoffe bei Milchleistungsprüfung und Molkerei

In Gesprächen mit Landwirten zum Thema Leistungsprüfung kommt immer wieder die Frage bzgl. der Ursachen für Unterschiede in den Milchinhaltsstoffen zwischen Milchleistungsprüfung und Molkerei. Dieses Informationsblatt soll die Abläufe der Probenahme und Analyse der Milch bei Milchleistungsprüfung und Molkerei aufzeigen und Erklärungen für mögliche Unterschiede in den Analysewerten der beiden Systeme liefern. Es werden die Analysewerte Fett, Eiweiß, Harnstoff und Zellzahl behandelt.

Es ist nicht die gleiche Milch

Die nachfolgende Abbildung zeigt, dass in der Regel nie die gleiche Milch bei beiden Systemen verglichen wird, da die Probenahme an unterschiedlichen Tagen erfolgt.

Der Durchschnittswert der Milchleistungsprüfung kommt aus einer Melkzeit von allen gemolkenen Kühen. Der Durchschnittswert der Molkerei kommt in der Regel aus vier Melkzeiten von den tatsächlich in den Tank gemolkenen Kühen.

Probenahme und Untersuchung

Die Probenahme in der Milchleistungsprüfung erfolgt mittels Pipette aus der durchmischten Teilmilch des Milchmengenmessgerätes in eine mit „Bronysolv GK145“ konservierte Probeflasche.

Die Probenahme in der Molkerei erfolgt aus der Molkereimilch mittels automatischer Teilmengenentnahme während der gesamten Absaugung inkl. Kühlung und Konservierung.

Die Untersuchung beider Proben erfolgt im gleichen akkreditierten Untersuchungslabor mit denselben Geräten. Zur Ermittlung der Analysewerte werden international anerkannte vollautomatische Fossomatic- bzw. Milcoscan Geräte eingesetzt. Diese werden täglich mit Standards kalibriert und während des Betriebes laufend kontrolliert und überprüft. Zur Kontrolle der ordnungsgemäßen Kühlung und Konservierung dient der pH-Wert als Maßstab. Proben außerhalb der Norm werden verworfen. Die Kontrollassistenten und Labormitarbeiter werden regelmäßig in der ordnungsgemäßen Arbeitsweise geschult.

In der Milchleistungsprüfung ist der Herdenwert der errechnete Wert aus den gewichteten Einzelkuhergebnissen. In der Molkereimilch ist der Herdenwert der tatsächlich gemessene Wert aus der Tankmilch.

Interpretation der Ergebnisse

Das Zusammenspiel von Fett, Eiweiß und Harnstoff sind wichtige Anzeiger für die richtige Rationszusammenstellung von Grund- und Kraftfutter und damit auch für die Tiergesundheit. Die Zellzahl ist die Kennzahl für die Eutergesundheit. Diesbezüglich liefern die Tankmilchergebnisse der Molkerei einen guten Überblick über die Gesamtsituation der Herde. Durch die laufende Analyse der Einzeltierdaten in der Milchleistungsprüfung können ergänzend zum Herdenschnitt auch gezielte Maßnahmen im Herdenmanagement der Einzelkuh gesetzt und Beratungsempfehlungen gegeben werden. Der laufende Tagesbericht sowie die Onlineplattform RDV4M geben mit umfassenden Tabellen und Grafiken eine entscheidende Unterstützung.

Harnstoff und Eiweiß

Der Harnstoffgehalt der Milch ist ein wichtiger Gradmesser für eine optimale Eiweißversorgung der Herde.  Der Normalbereich liegt zwischen 15 und 30 mg/100 ml Milch. Der Eiweißgehalt gibt Auskunft über die Energieversorgung und soll sich zwischen 3,2 und 3,8 bewegen. Harnstoff und Eiweißgehalt der Milch sind gemeinsam zu beurteilen. Zusammenhänge und Grenzwerte sind in der untenstehenden Tabelle ersichtlich.

Die Rohmilchwerte geben den „Gesamtstatus“ der Herde wieder. Tierindividuell kann hier nicht reagiert werden. Dies ermöglicht nur die Milchleistungsprüfung mit anschließender Analyse der Einzelwerte (Abbildung aus dem RDV4M)

Die Werte der Einzeltiere sollten im mittleren Feld liegen. Ein „Vorhalten“ (Überversorgung) von Eiweiß belastet besonders die Leber und bringt keine höheren Milchleistungen. Ziel muss eine ausgewogene Fütterung sein, keine Über- bzw. Unterversorgung.

Fett und Eiweiß

Der Fettgehalt zeigt dem Tierhalter die Stoffwechselsituation und Rohfaserversorgung an. Diese Werte sind immer einzelkuhbezogen und nicht als Herdenschnitt zu analysieren. Die Beurteilung der Versorgungssituation wird durch gemeinsame Betrachtung des Fett- und Eiweißgehaltes, ausgedrückt durch den Fett/Eiweißquotient, ermöglicht. Der Quotient aus Fettgehalt dividiert durch Eiweißgehalt gibt besonders in den ersten 100 Tagen der Laktation einen Aufschluss über die Stoffwechselsituation. Die Milchleistungsprüfung weist diesen Parameter für Herde und Einzeltier aus.

Zellzahl                     

Die Erreichung der S-Klasse mit einem Herdenschnitt unter 250.000 Zellen in der Tankmilch der Molkerei ist für jeden Milchviehhalter entscheidend. Ein gesundes Euter hat im Schnitt jedoch maximal rund 100.000 Zellen. Durch die laufende Zellzahluntersuchung in der Milchleistungsprüfung werden auch subklinische (noch nicht ausgebrochene) Erkrankungen und sonstige Umweltfaktoren (z.B.: Stress, Hitze) erkannt. Anhand dieser Werte und mithilfe von Schalmtest und bakteriologischen Untersuchungen sollen gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Eutergesundheit eingeleitet werden, denn Euterentzündungen verursachen die höchsten (wirtschaftlichen) Schäden in der Milchproduktion.

Betriebliche Einflussfaktoren für Abweichungen zwischen

Milchleistungsprüfung und Molkerei

Schwankungen der Milchinhaltsstoffe treten in der Praxis bei den Betrieben in sehr unterschiedlichem Ausmaß, in den Sommermonaten jedoch verstärkt auf. Der Fettgehalt ist mit Abstand am stärksten betroffen.

Die Ursachen für die Schwankungen sind sehr vielfältig. Bei exakter Analyse fällt auf, dass die Ursachen fast ausschließlich am Betrieb liegen und auch durch diesen zu lösen sind. Dieser Sachverhalt stößt naturgemäß auf wenig Akzeptanz und ist daher Anlass für Diskussionen.

Nachfolgend werden die wichtigsten betrieblichen Einflussfaktoren aufgezeigt.

  • Natürlicher Schwankungsbereich des Milchfettes

Überprüfungen der Milchinhaltsstoffe einer Kuh über mehrere Melkzeiten bei konstanten Melk- und Fütterungsbedingungen zeigten einen beachtlichen natürlichen Schwankungsbereich aller Milchinhaltsstoffe. Speziell der Fettgehalt kann zwischen zwei aufeinanderfolgenden Melkzeiten um bis zu einen Prozentpunkt streuen. Dass zwischen Morgen- und Abendmilch im Herdendurchschnitt einige Zehntel Differenz besteht, ist keine Seltenheit.

  • Unvollständige Milchabgabe

Hält eine Kuh die Milch auch nur geringfügig zurück, so wirkt sich dieser Einfluss auf das Fett stark negativ, auf das Eiweiß aber eher leicht positiv aus. Die Anrüstphase hat diesbezüglich eine zentrale Bedeutung, wobei die Zeit zwischen Anrüsten und beginnender Melkung nicht länger als eine Minute sein soll. In den ersten Litern Milch  sind ca. 1 – 3 % Fett enthalten sind. Im letzten Liter der Restmilch sind jedoch ca. 10 % Fett die Regel. Die erste Milch hat um einige Zehntel mehr Eiweiß als die Restmilch. Fällt also auf, dass einige Einzelkühe im Fett abfallen, im Eiweiß sich leicht gebessert und stabilisiert haben, so sind dies meistens empfindliche und nervöse Kühe, welche fallweise Milch zurückhalten. In Umstellungsphasen (neuer Melkstand, Neubeitritt, neuer Kontrollassistent) werden Einzelkühe durch die zusätzliche Person in der Melkgrube (Kontrollassistent), durch die erstmals bei der Kontrolle sichtbaren Tru-Test-Geräte, durch Reden mit fremden Personen beim Melken einfach Restmilch zurückhalten. Dies ist ein wesentlicher Bereich, wodurch Schwankungen bei den Fettprozenten auftreten können.

  • Vorbeugende Maßnahmen der Betriebe
  • Keine Experimente in der Fütterung (speziell kurz vor der Kontrolle)

Eine konstante und ausgeglichene sowie in der Struktur und Energie angepasste Fütterung bringt entsprechende Inhaltstoffe. Kurz vor der Kontrolle soll nicht umgestellt werden (frische Weide, Silage, verbessertes und mehr Kraftfutter etc.)

  • Abweichungen von der Routinemelkzeit

Die beste Ausgangssituation für konstante Fettgehalte sind exakte Melkintervalle von ca. 12 Stunden, wobei auch die Melkreihenfolge der Kühe unverändert sein soll. Einzelne Betriebe versuchen durch Zeitverschiebungen einerseits die Milchmenge zu steigern und beklagen andererseits den schlechten Fettgehalt. In diesen Fällen werden Überbrückungen strikt unterlassen und die Betriebe durch den Kontrollassistenten für entsprechende Nachkontrollen gemeldet.

  • Ruhiges Verhalten im Stall

Ruhe im Stall wird speziell im Melkstand zu wenig beachtet. Gespräche sollten mit dem Kontrollassistenten in der Regel vor und nach dem Melken geführt werden. Das gilt vor allem auch für nicht regelmäßig im Stall tätige Personen. Tru-Test-Geräte, Zusatzpersonen und Probengebinde lenken so manches Tier bereits genug ab.

  • Regelmäßiges Service der Melkanlage

Zu wenig geachtet wird teilweise auch auf ein rechtzeitiges Service der Melkanlagen (Pulsatoren, Leistung der Pumpe, konstantes Vakuum). Bei mehreren Melkeinheiten soll bedacht werden, dass ein Tru-Test-Gerät zusätzlich ca. 30 – 40 Liter Vakuum benötigt. Es genügt nicht, dass das Vakuummeter die entsprechende Höhe anzeigt. Auf die entsprechende Literleistung der Pumpe kommt es an.

Fazit

Sowohl die Molkerei als auch die Milchleistungsprüfung liefern eine Reihe von wertvollen Daten im Bereich der Milchinhaltsstoffe. Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen ob es sich um Einzeltier- oder Herdenwerte handelt. Die Kombination aus Einzeltier- und Herdenwerten lässt gute Rückschlüsse auf die Fütterung bzw. die Stoffwechselsituation zu. Für gezielte Fütterungsmaßnahmen sind zusätzlich Futteranalysen und detaillierte Rationsberechnungen sinnvoll. Die Berater der Landwirtschaftskammern, die Kontrollassistenten der Kontrollverbände und die Mitarbeiter des Qualitätslabor Österreich stehen für Fragen gerne zur Verfügung.

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